Vitamin B12 Formen

Vitamin B12 Wirkstoffe 

Vitamin B12 Formen

Vitamin B12 Formen: Die Vitamin B12 Wirkstoffe Cyanocobalamin, Hydroxocobalamin, Methylcobalamin und Adenosylcobalamin im Vergleich. Wirkung und Unterschiede.

Vitamin-B12 und seine verschiedenen Formen

Vitamin B12 ist das chemisch komplexeste aller Vitamine. Sein chemischer Name lautet Cobalamin, was sich von seinem zentralen Kobaltatom herleitet. Die beeindruckende Formel C63H88N14O14PCo lässt erahnen, welch gewaltiges Molekül sich hinter Vitamin B12 verbirgt. In dieser chemisch reinen Form kommt Cobalamin jedoch so gut wie nie vor. Meist ist es an andere Moleküle gebunden und diese unterschiedlichen Bindungspartner bestimmen auch die Namen der so entstehenden B12-Formen.B12-Formen-Uebersicht

B12-Formen in Nahrungsmitteln

In Nahrungsmitteln kommen vor allem drei Formen von Vitamin B12 vor:

Adenosylcobalamin und Hydroxocobalamin sind die häufigsten Formen in Fleisch, während Methylcobalamin besonders in Milchprodukten vorkommt. Andere Formen von Vitamin B12 finden sich in Nahrungsmitteln nur selten und in Spuren.

B12-Formen im Körper

Im Körper wirkt das aufgenommene Vitamin B12 als ein Coenzym (siehe auch: Vitamin-B12-Wirkung), das zahlreiche wichtige Enzyme bei ihren Funktionen unterstützt. Jedoch können nur zwei Formen von Vitamin B12 im Körper tatsächlich als Co-Enzyme aktiv werden:

Methylcobalamin und Adenosylcobalamin sind die aktiven CoEnzym-Formen von Vitamin B12. Methylcobalamin wirkt dabei im Zellplasma, während Adenosylcobalamin nur in den Mitochondrien aktiv ist.

Hydroxocobalamin (auch: Hydroxycobalamin) ist zwar selbst keine Coenzym-Form von Vitamin B12, kann aber vom Körper problemlos in eine der anderen Formen umgewandelt werden und ist eine im Stoffwechsel häufig vorkommende Zwischenform des Vitamins. Es bindet sich besonders gut an die Transportmoleküle des Körpers, so dass es sehr lange zirkuliert und dadurch von allen B12-Formen die beste Depotwirkung aufweist.

  • In allen Geweben (Muskeln, Organe – vor allem der Leber), findet sich hauptsächlich Adenosylcobalamin.
  • Im Blut und im Rückenmark finden sich zu gleichen Teilen Methylcobalamin und Hydroxocobalamin. (10)
  • In den Zellen werden sowohl Adenosylcobalamin als auch Methylcobalamin benötigt, die jedoch leicht ineinander umgewandelt werden können.

Vitamin-B12-Wirkstoffe in Präparaten

In Vitamin-B12-Präparaten wurden als Injektionen bisher vor allem das synthetische Cyanocobalamin und Hydroxocobalamin eingesetzt. Da die Vorteile von Hydroxocobalamin gegenüber Cyanocobalamin immer deutlicher werden, ist es in Europa heute meist das Mittel der Wahl bei Vitamin-B12-Injektionen. Einige Forscher sind sogar der Meinung, dass Cyanocobalamin ganz vom Markt genommen werden sollte. (1)

Auch in oralen Präparten wie Tabletten und Kapseln ist Cyanocobalamin noch immer der am meisten verwendete Wirkstoff. Zwar sind Methylcobalamin und Adenosylcobalamin die eigentlich bioaktiven Formen von Vitamin B12, sie sind aber außerhalb des Körpers chemisch leider sehr instabil – vor allem aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit – und darum schwerer herzustellen.

Neuerdings werden aber wegen deutlicher therapeutischer Vorteile (siehe unten) auch vermehrt Methylcobalamin und Adensosylcobalamin in Präparaten eingesetzt.

Der ideale B12-Wirkstoff ist eine Mischung!

Als ideal ist wohl eine Mischung aller natürlichen Formen zu bezeichnen, da der Körper sie jeweils für verschiedene Aufgaben dringend benötigt. Die beiden aktiven Formen werden auf verschiedenen Stoffwechselwegen gebildet und erfüllen völlig verschiedene Funktionen. Während lange eine Zufuhr von allein Methylcobalamin als ausreichend galt, wird dies heute zunehmend angezweifelt.(11) 

Statt eines einzelnen Wirkstoffs, ist also vermutlich eine Kombination aller natürlichen B12-Formen die optimale Lösung – und so kommt Vitamin B12 schließlich auch in Nahrungsmitteln vor.

Das ideale Vitamin-B12-Präparat enthält also eine Mischung aus Methylcobalamin, Hydroxocobalamin und Adenosylcobalamin. (11)

Wirkspektrum der bioaktiven Formen

Folgende Tabelle zeigt das Wirkspektrum der beiden bioaktiven Formen Methylcobalamin und Adenosylcobalamin.

MethylcobalaminZellplasma, Nerven, GehirnNeurotransmitter, Genregulation, Regeneration und Schutz von Nerven und Gehirn, Blutbildung, SehsinnDepression, psychische Probleme, Nervenschäden, Demenz, Blutarmut, Sehstörungen, Chronische Müdigkeit und Erschöpfung
AdenosylcobalaminMitochondrien, NervenZellenergie, Gehirnentwicklung, Hydration, Wachstum, MuskelaufbauChronische Müdigkeit, Energielosigkeit, Untergewicht, schwache Muskeln, Entwicklungsstörungen, Verdauungsstörungen,

Cyanocobalamin – synthetisches Vitamin B12

Über viele Jahre wurde in Vitamin-B12-Präparaten vor allem Cyanocobalamin eingesetzt, eine synthetische Form von Vitamin B12, die nicht direkt bioaktiv ist und im Körper oder Nahrungsmitteln natürlicherweise höchstens in Spuren vorkommt. Dafür ist Cyanocobalamin aber sehr leicht und billig herzustellen und vor allem sehr stabil.

Cyanocobalamin ist gut erforscht und hat sich in der Praxis als sehr wirksam und vom Körper gut verwertbar herausgestellt. Es wird seit vielen Jahren sehr erfolgreich in der Vitamin-B12-Therapie bei verschiedenen Krankheitsbildern eingesetzt. In den letzten Jahren gerät Cyanocobalamin trotzdem zunehmend in Kritik, wofür es verschiedene Gründe gibt:

  1. Giftigkeit: Oft wird behauptet, Cyanocobalamin wäre toxisch, da die im Körper abgespaltene Cyano-Gruppe das Gift Cyanid bildet. Die entstehenden Cyanid-Mengen sind jedoch so minimal, dass der Begriff toxisch hier kaum angebracht ist.
  2. Anlagerung in Zellen: Untersuchungen haben festgestellt, dass sich Cyanocobalamin bei der Therapie mit hohen Dosierungen um die 1000 µg in der Zellflüssigkeit anlagert.(2) Die Folgen sind bisher unbekannt.
  3. Bioverfügbarkeit: Es sind vier dezidierte Stoffwechselschritte notwendig, um Cyanocobalamin in eine der Coenzym-Formen umzuwandeln, was ein klarer metabolischer Nachteil ist. (3)
  4. Verwertungsschwierigkeiten: Bestimmte Erbkrankheiten aber auch Stoffwechselstörungen verhindern die Umwandlung von Cyanocoalamin in die aktiven Formen, so dass es nicht wirken kann. (4)
  5. Methylgruppen-Räuber: Cyanocobalamin benötigt für die Umwandlung zu Methylcobalamin eine Methyl-Gruppe, die es von der wichtigen Aminosäure S-Adenosylmethionin (SAM) bekommt. Cyanocobalamin reduziert so das dringend benötigte SAM.
  6. Mangelnde Depotwirkung: Zuletzt ist Cyanocobalamin den anderen B12-Formen in punkto Absorption unterlegen. Zwar wird Cyanocobalamin zunächst leichter aufgenommen, ein großer Teil wird jedoch über den Urin ausgeschieden, bevor es die Zellen erreichen kann.

Cyanocobalamin oder Hydroxocobalamin?

Im Vergleich zu Hydroxocobalamin hat Cyanocobalamin eine deutliche schlechtere Absorption und Depotwirkung, weshalb heute bei Injektionen meist Hydroxocobalamin bevorzugt wird. Auch wird für die Umwandlung von Hydroxocobalamin ein Stoffwechselschritt weniger benötigt als bei Cyanocobalamin.

Auch die Sorge um die Cyanid-Belastung entfällt bei Hydroxocobalamin. Interessant ist, dass Hydroxocobalamin sogar zur Entgiftung von Cyanid eingesetzt wird – wobei sich Cyanocobalamin bildet. Das bei normaler Ernährung im Körper nachweisbare Cyanocobalamin ist meist die Folge einer Rauchvergiftung oder starken Rauchens. Gerade Raucher sollten deshalb möglichst kein Cyanocobalamin einnehmen, sondern anderen B12-Formen den Vorzug geben, um ihre Cyanid-Belastung nicht weiter zu erhöhen, sondern es vielmehr sogar zu entgiften.

Hydroxocobalamin ist außerdem ein wirkungsvoller Fänger von Stickoxiden (Stickstoff-Radikalen), die für den sogenannten nitrosativen Stress verantwortlich sind, der an der Entstehung vieler Krankheiten beteiligt ist.

Cyanocobalamin vs. Methylcobalamin

Heute gibt es immer mehr Vitamin-B12-Präparate mit Methylcobalamin. Es konnte gezeigt werden, dass Methylcobalamin ohne Umwandlung vom Körper direkt verwertet werden kann und vom Körper deutlich besser verwertet wird, als Cyanocobalamin. (5)

Bei vergleichbaren oralen Dosen konnten im Serum zunächst fast identische Konzentrationen nachgewiesen werden. Während bei jedoch in der Folge bei Cyanocobalamin große Mengen des aufgenommenen B12 jedoch unverwertet durch den Urin ausgeschieden wurden, erhöhte sich bei Methylcobalamin das zelluläre Vitamin B12 und die Körperspeicher füllten sich.

Darüber hinaus konnten mit Methylcobalamin einige gesundheitliche Effekte erzielt werden, die mit Cyanocobalamin nicht möglich sind. In Tierversuchen zeigte sich zum Beispiel, das Methylcobalamin die Überlebensrate von Mäusen mit Krebs deutlich verlängert, während Cyanocobalamin hier völlig wirkungslos ist. (6)

Dies lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass das für viele epigenetische Vorgänge wichtige S-Adenosylmethionin durch Methylcobalamin regeneriert wird, während Cyanocobalamin es im Gegenteil reduziert. Auch bei Schlafstörungen hat sich Methylcobalamin als überlegen herausgestellt: Es wird vermutet, das Methylcobalamin die Melatonin-Synthese beeinflusst, während Cyanocobalamin diesen Effekt nicht hat. (7)

Umwandlung der B12-Formen

Folgende Grafik zeigt die nötigen Umwandlungsschritte für die einzelnen B12-Formen. B12-Formen

Die bekanntesten B12-Formen

Abgesehen von den den besprochenen Cobalamin-Formen sind noch einige andere Formen bekannt. Folgende Tabelle gibt einen kleinen Überblick über alle zur Zeit erforschten Cobalamin-Formen:

AquocobalaminAquacobalamin, Vitamin B12aB12 + Wasser (H2O) Kommt im Körper als Zwischenprodukt vor.
HydroxocobalaminHydroxycobalamin, Vitamin B12b, OH-CblB12 + Hydroxygruppe (OH) Wird von Mikroorganismen hergestellt und kommt im Körper und in Lebensmitteln vor.
CyanocobalaminCN-CblB12 + Cyano-Gruppe (CN) Synthetisches Cobalamin, kommt natürlich nur in Spuren vor.
NitritocobalaminVitamin B12cB12 und Stickstoffdioxid (NO2)
Nitrosocobalamin B12 und Stickstoffmonoxid (NO)
Sulfitocobalamin B12 und Schwefeltrioxid (SO3)
MethylcobalaminMethyl-B12, Met-CblB12 + Methylgruppe (CH3) Biologisch aktives Coenzym, kommt im Körper und in Nahrungsmitteln vor.
AdenosylcobalaminCoenzym B12b, Ado-Cbl, DibencozideB12 + 5′ Desoxyadenosyl (C10H13N5O3) Biologisch aktives Coenzym, kommt im Körper und in Nahrungsmitteln vor.
GlutathionylcobalaminGS-CblB12 + Glutathion Vorübergehende Vorstufe der Coenzyme, hat vermutlich eine zentrale Rolle bei anti-oxidativen und anti-entzündlichen Prozessen und bei der Regulation der NO-Synthasen. (8,9)

Vitamin B12 – ein Vitamin, viele Wirkungen

Vitamin B12 ist nicht unbedingt gleich Vitamin B12. Der Stoffwechsel für alle Formen ist recht unterschiedlich und auch die Wirkung der einzelnen B12-Formen unterscheidet sich zum Teil recht deutlich. Während Cyanocobalamin zur Vorbeugung eines Vitamin-B12-Mangels erwiesenermaßen effektiv ist, mehren sich die Anzeichen, dass die Coenzym-Formen bei vielen Spezialanwendungen einen deutlichen Vorteil und ein besseres Wirkspektrum aufweisen. Sie teilen nicht die Nachteile des Cyanocobalamins, besitzen dafür offenbar einige Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind.

Auch Hydroxocobalamin weist einige Vorteile auf, dabei sind besonders die Entgiftungswirkung und die hervorragende Depotwirkung interessant, die eine lang anhaltende B12-Versorgung sicherstellt. Zudem ist es vom Körper leichter zu verwerten, als Cyanocobalamin.

Es macht auch schon intuitiv viel Sinn anzunehmen, dass jene Formen von Vitamin B12, die sich natürlicherweise in Nahrungsmitteln finden, genau die Formen sind, die unser Körper braucht. Deshalb sollte, wenn möglich, den drei natürlichen Formen und besonders den Coenzym-Formen der Vorzug gegeben werden.

Quellen:

  1. A.G. Freeman Cyanocobalamin – a case for withdrawal: discussion paper. J R Soc Med. Nov 1992; 85(11): 686–687.
  2. Gimsing P, Hippe E, Helleberg-Rasmussen I, et al. Cobalamin forms in plasma and tissue during treatment of vitamin B12 deficiency. Scand J Haematol 1982;29:311-318
  3. Pezacka E, Green R, Jacobsen DW. Glutathionylcobalamin as an intermediate in the formation of cobalamin coenzymes. Biochem Biophys Res Commun. 1990 Jun 15;169(2):443-50. PubMed PMID: 2357215.
  4. Hans C. Andersson, Emmanuel Shapira, Biochemical and clinical response to hydroxocobalamin versus cyanocobalamin treatment in patients with methylmalonic acidemia and homocystinuria (cblC), The Journal of Pediatrics, Volume 132, Issue 1, January 1998, Pages 121-124, ISSN 0022-3476, http://dx.doi.org/10.1016/S0022-3476(98)70496-2.
  5. Okuda K, Yashima K, Kitazaki T, Takara I. Intestinal absorption and concurrent chemical changes of methylcobalamin. J Lab Clin Med. 1973 Apr;81(4):557-67. PubMed PMID: 4696188.
  6. Tsao C, S, Myashita K, Influence of Cobalamin on the Survival of Mice Bearing Ascites Tumor. Pathobiology 1993; 61:104-108
  7. Masayuki Ikeda, Makoto Asai, Takahiro Moriya, Masami Sagara, Shojiro Inoué, Shigenobu Shibata, Methylcobalamin amplifies melatonin-induced circadian phase shifts by facilitation of melatonin synthesis in the rat pineal gland, Brain Research, Volume 795, Issues 1–2, 8 June 1998, Pages 98-104, ISSN 0006-8993, http://dx.doi.org/10.1016/S0006-8993(98)00262-5.
  8. Carmen Wheatley Cobalamin in inflammation III — glutathionylcobalamin and methylcobalamin/adenosylcobalamin coenzymes: the sword in the stone? How cobalamin may directly regulate the nitric oxide synthases. Journal of Nutritional and Environmental Medicine 2007 16:3-4, 212-226 doi=10.1080%2F13590840701791863
  9. Catherine S. Birch, Nicola E. Brasch, Andrew McCaddon, John H.H. Williams, A novel role for vitamin B12: Cobalamins are intracellular antioxidants in vitro, Free Radical Biology and Medicine, Volume 47, Issue 2, 15 July 2009, Pages 184-188, ISSN 0891-5849, http://dx.doi.org/10.1016/j.freeradbiomed.2009.04.023.
  10. J. van Kapel, L.J.M. Spijkers, J. Lindemans, J. Abels, Improved distribution analysis of cobalamins and cobalamin analogues in human plasma in which the use of thiol-blocking agents is a prerequisite, Clinica Chimica Acta, Volume 131, Issue 3, 15 July 1983, Pages 211-224, ISSN 0009-8981
  11. Thakkar, K., & Billa, G. (2015). Treatment of vitamin B12 deficiency–Methylcobalamine? Cyancobalamine? Hydroxocobalamin?—clearing the confusion. European journal of clinical nutrition, 69(1), 1-2.