Vitamin-B12-Aufnahmestörung: Häufigste Ursache für Mangel
Aufnahmestörungen sind eine sehr häufige Ursache eines Vitamin-B12-Mangels. Die Resorption von Vitamin B12 im Körper ist recht komplex und kann an gleich mehreren Stellen gestört werden.
Solche Aufnahmestörungen führen dazu, dass der Körper das Vitamin B12 nicht aufnehmen kann, selbst wenn genügend Vitamin B12 mit der Nahrung zugeführt wird. In der Folge ensteht ein Vitamin-B12-Mangel, obwohl die Vitamin-B12-Zufuhr eigentlich ausreichend ist.
Ursachen für eine Vitamin-B12-Aufnahmestörung
Häufigste Ursache einer Aufnahmestörungen sind Probleme und Reizungen im Magen-Darm-Trakt und Autoimmunreaktionen gegen die Vitamin-B12-Transportmoleküle. Im Alter lässt die Aufnahmefähigkeit für Vitamin B12 generell nach, so dass Aufnahmestörungen hier sehr häufig werden.
Die häufigsten Ursachen für eine Vitamin-B12-Aufnahmestörung sind:
- hohes Alter
- Entzündungen, Reizungen und Krankheiten von Magen und Darm
- Autoimmunreaktionen gegen die Vitamin-B12-Transportmoleküle
- Gastritis, Morbus Crohn
- Infektion mit Parasiten wie Helicobacter pylori oder Bandwürmern
- Alkohol, Rauchen, Drogen, Medikamente
- Leberschäden, Schäden an der Bauchspeicheldrüse
- Darmresektion
Behandlung von Vitamin-B12-Aufnahmestörungen
Die Behandlung einer Vitamin-B12-Aufnahmestörung hat zwei Aspekte:
- Beheben des B12-Mangels
Der Mangel wird sofort durch Vitamin-B12-Präparate behandelt, da sonst irreparable Schäden entstehen können. - Behandlung der Ursachen
Die Ursache der Aufnahmestörung wird identifiziert und behandelt.
Sofern nicht Teile des Dünndarms entfernt wurden, können alle Formen einer Vitamin-B12-Aufnahmestörung durch orale Präparate behandelt werden.
Wenn ein starker Mangel oder deutliche Symptome vorliegen, sollte eine hochdosierte Anfangstherapie durchgeführt werden. Danach und in allen anderen Fällen reicht eine etwas geringer dosierte Erhaltungstherapie aus.
Anwendung | Dosierung | Wirkstoffe | Passendes Präparat Internet finden |
Hochdosierte Anfangstherapie | 5000µg/Tag für 4 Wochen | Hydroxocobalamin | Hydroxocobalamin + hochdosiert + Depot + 5000µg |
Erhaltungstherapie | 1000µg/Tag | Methyl-, Adenosyl- und Hydroxocobalamin | B12 + Methylcobalamin + Adenosylcobalamin + Hydroxocobalamin + 1000µg + Bioaktiv |
Vitamin B12 Aufnahme
Wie genau entstehen aber Vitamin-B12-Aufnahmestörungen. Um dies genauer zu verstehen, wollen wir im Folgenden den Weg betrachten, den das lebenswichtige Vitamin in unserem Körper nimmt.
Dabei ist zunächst zu beachten, dass es zwei verschiedene Mechanismen der Vitamin-B12-Aufnahme gibt:
- Aktive Aufnahme
Aufnahme über spezielle Transportmoleküle - Passive Aufnahme
Passive Diffusion von Vitamin B12 durch die Darmwand
Sehen wir uns zunächst die aktive Aufnahme an, die vor allem bei der Aufnahme von Vitamin B12 aus Nahrungsmitteln eine Rolle spielt.
Freisetzen des B12 aus der Nahrung
Durch die Nahrung nehmen wir Vitamin B12 auf, das an tierische Proteine gebunden ist und zunächst von diesen Proteinen getrennt werden muss. Im Magen sorgen das Enzym Pepsin und die Magensäure dafür, dass diese Proteine aufgeschlossen und das Vitamin B12 so freigesetzt wird.
B12 bindet sich im Magen nun an körpereigene Transport-Proteine, die sogenannten R-Proteine, die das Vitamin in den Dünndarm transportieren.
Transport des B12 in den Dünndarm
Spezielle Pankreas-Enzyme im Dünndarm (vor allem Trypsin) spalten diesen R-Protein-Komplex nun wieder auf und das so freigewordene Vitamin B12 bindet sich an ein weiteres Transport-Protein – den Intrinsic Factor, welcher im Magen gebildet wurde.
Aufnahme durch Intrinsic Factor und Transcobalamin
Der Intrinsic Factor dockt an spezielle Rezeptoren der Darmwand an, wodurch das Vitamin durch die Zellmembranen aufgenommen werden kann – ein Vorgang, für den Calzium benötigt wird. In den Endosomen der Zelle wird das B12 durch Enzyme wieder vom Intrinsic Factor getrennt.
In den Zellen bindet sich das freie B12 wiederum an ein spezielles Transportmolekül namens Transcobalamin II (TC2) und gelang so schließlich ins Blut. In Form von B12-TC2 wird ein Teil des Vitamins zu den Körperzellen transportiert, ein anderer Teil bindet sich an zwei weitere Transcobalamine (TC1 und TC3) und wandert so in die Körperspeicher der Leber.
Aufnahmestörung: Umwandlung in die bioverfügbaren B12-Formen
Der B12-TC2 Komplex, der zu den Körperzellen gelangt, wird im Inneren der Zelle in Hydroxocoblamin umgewandelt und gelangt in dieser Form in das Zellplasma.
Nun wird das Vitamin B12 in die zwei bioaktiven Co-Enzym-Formen von Vitamin B12 umgewandelt: In der Zelle selbst, besonders in den Zellen des Zentralnervensystems, wird Methylcobalamin benötigt, das eine wichtige Rolle bei der Methionin-Synthase spielt. In den Mitochondrien hingegen – den „Energiekraftwerken“ unserer Zellen – wird Adenosylcobalamin benötigt, welches hier ebenfalls sehr wichtige Funktionen übernimmt.
Passive Aufnahme ohne IF
Der oben beschriebene Mechanismus gilt für die aktive Aufnahme von Vitamin B12. Anders verhält es sich bei einer Aufnahme durch Injektionen oder passive Diffusion großer oraler Dosen im Dünndarm: Hier wird in beiden Fällen der oben beschriebene Weg über den Intrinsic Factor umgangen und das Vitamin B12 geht direkt in das Blut über.
Dies hat auch zur Folge, dass die aufgenommene Vitamin-B12-Form intakt bleibt und zum Teil auch direkt von den Zellen aufgenommen werden kann.
Diese Formen der Aufnahme werden darum auch zur Therapie bei Aufnahmestörungen angewendet.
Aufnahmestörungen von Vitamin B12
Nun, da wir den Weg des Vitamin-B12 kennen, lässt sich leicht verstehen, wie verschiedene Aufnahmestörungen zustande kommen.
Im Magen kann ein Mangel an Pepsin und Salzsäure verhindern, dass das Vitamin B12 überhaupt aus der Nahrung gelöst werden kann, während ein Mangel an R-Protein verhindert, dass es intakt in den Dünndarm transportiert wird. Ursachen für solche Mängel können Störungen der Magenschleimhaut und fehlende Bildung von R-Protein und Salzsäure durch die Speichel- und Parietalzellen des Magens sein.
Im Dünndarm angekommen, werden Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse, Intrinsic Factor aus dem Magen und Kalzium aus der Nahrung benötigt. Hier sind Reizungen der Darmschleimhaut, Pankreas-Erkrankungen, Mangelernährung und Magenerkrankungen mögliche Ursachen für eine Vitamin-B12-Aufnahmestörung.
Im Blut können seltene genetische Störungen zu einem Mangel an Transcobalamin führen, so dass das B12 nicht zu den Zellen gelangt. Bei ausreichend Transcoblamin kann ein Überschuss von biologisch inaktiven Vitamin B12-Analoga dazu führen, dass nicht genügend echtes Vitamin-B12 an die Transcoblamine gebunden wird und so trotz eigentlich guter B12 Absorption ein Mangel entsteht. Vor allem bakterielle Übersiedlungen des Darms können zu solchen überhöhten Konzentrationen von B12-Analoga führen, aber auch der Verzehr einiger Algen.
In den Zellen werden wieder bestimmte Enzyme gebraucht, um das B12 korrekt in die Co-Enzym-Formen umzuwandeln. Hier verhindern vor allem verschiedene Erbkrankheiten (Cobalamin-Disease), dass die benötigten Stoffwechselvorgänge korrekt ablaufen können.
Tabelle: Mögliche Ursachen für eine Vitamin-B12-Aufnahmestörung
Ort | Art der Aufnahmestörung | Ursachen |
Magen | Mangel an Intrinsic Factor | Chronisch atrophische Gastritis, |
Säure und Pepsinmangel | Leichte Gastritis (Magenschleimhautentzündung), Medikamente | |
Darm | Keine Aufnahme im Dünndarm | Div. Erkrankungen und Reizungen des Darms, |
Bauchspeicheldrüse | Fehlendes Pankreas-Enzym | exokrine Pankreasinsuffizienz, Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis), Bauchspeicheldrüsenkrebs, Pankreaszysten, |
Blut und Zellen | Gestörte Verwertung von B12 | Erbkrankheiten, Bakterielle Überwucherung |
Beheben der Aufnahmestörungen
Außer bei fehlenden Teilen von Magen und Darm aufgrund entsprechender Operationen und im Falle der Cobalamin-Erbkrankheiten, sind die Ursachen der Aufnahmestörungen meist therapierbar. Aufgrund der Vielfalt der infrage kommenden Krankheiten würde die Beschreibung der einzelnen Therapieansätze hier jedoch den Rahmen sprengen. Ernährungsumstellungen und eine Regeneration der Darmflora wären erste hilfreiche Ansätze. Teilweise sind auch Pilz- und Bakterienbefall ein Teil der Ursachen.
Bis die Aufnahmestörung behoben ist, sollte Vitamin-B12 in größeren Dosen über entsprechende Präparate eingenommen werden, um die Unterversorgung auszugleichen.
B12-Präparate bei Aufnahmestörungen
Bei Aufnahmestörungen müssen die oben genannten Faktoren so gut es geht umgangen werden. Dies ist auf zwei Wegen möglich:
- Hochdosierte orale Präparate
- Injektionen, welche die Verdauung komplett umgehen
Bei oraler Einnahme von hohen Dosen Vitamin-B12 über Vitamin-B12-Präparate kann der gesamte Resorptions-Vorgang in Magen und Darm umgangen werden, da geringe Mengen an Vitamin B12 – etwa 1 Prozent der Dosis – per passiver Diffusion durch die Darmwand ins Blut gelangen. Probleme durch einen Mangel an Pepsin, Pankreas-Enzymen und Intrinsic Factor können so ausgeschaltet werden.
Dosierung: 1000µg pro Tag
Injektionen: Der gleiche Effekt kann durch intramuskuläre Injektionen von Vitamin B12 erreicht werden. Die Unterschiede in der Wirksamkeit verschiedener Wirkstoffe wurden hier bisher nur für Hydroxycobalamin und Cyanocoblamin vergleichend untersucht, wobei Hydroxycobalamin besser aufgenommen wird. (1, 2) Für Methylcobalamin ist ebenfalls eine gute Wirksamkeit erwiesen – jedoch fehlen vergleichende Studien.
Dosierung: 1000µg Hydroxocobalamin alle 8 Wochen
Wirkstoffe
Bei oraler Einnahme empfiehlt sich die direkte Verwendung der natürlichen und bioaktiven Formen: Methylcobalamin, Adenosylcobalamin und Hydroxocobalamin
Bei Injektionen sind nur die Wirkstoffe Hydroxocobalamin und Cyanocobalamin erhältlich. Hydroxocobalamin zeigt hier eine weit bessere Bioverfügbarkeit. Bei den genetischen Störungen hat der Wirkstoff Cyanocobalamin gar keinen Effekt, da er nicht verwertet werden kann, Hydroxocobalamin hingegen bleibt bei einigen dieser Störungen wirksam. (3)
Quellen
1. Keith Boddy, et al. Retention of cyanocobalamin, hydroxocobalamin, and coenzyme b12 after parenteral administration. The Lancet, Volume 292, Issue 7570, 28 September 1968, Pages 710–712
2. Hertz, H., Kristensen, H. P. Ø. and Hoff-JØrgensen, E. (1964), Studies on Vitamin B12 Retention Comparison of Retention Following Intramuscular Injection of Cyanocobalamin and Hydroxocobalamin. Scandinavian Journal of Haematology, 1: 5–15. doi: 10.1111/j.1600-0609.1964.tb00001.x
3. Hans C. Andersson, MD, Emmanuel Shapira, MD, PhD Biochemical and clinical response to hydroxocobalamin versus cyanocobalamin treatment in patients with methylmalonic acidemia and homocystinuria (cblC) The Journal of Pediatrics, Volume 132, Issue 1, January 1998, Pages 121–124